6. Sauerland-MTB-Marathon in Grafschaft am 19.08.2006

    Bericht von Hermann-Josef Belke zum MTB-Rennen in Grafschaft, 115 km

    Noch in den Tagen zuvor hatte ich immer wieder Probleme mit der Einstellung zu diesem Rennen. Schließlich hatte ich in der letzten Zeit einfach zu viel auf dem Programm. Noch eine Woche zuvor hatte ich mit drei Freunden die 24-Stunden in Duisburg hinter mich gebracht, davor das Rennen in Nordenau und das alles nur eine Woche nach dem Ende der diesjährigen Transalp - Challenge. Zudem schmerzte mir mein Daumen immer noch, gerade die Trigger-Hebel verlangen ja schon etwas Druck. Bei jedem Schaltvorgang des Kettenblattes hieß es die Zähne zusammen zu beißen - oder mit dem Handballen zu schalten.

    Aber da um mich herum in den Tagen vor dem Grafschafter Rennen so viel Vorfreude herrschte ließ ich mich dann auch anstecken. Welche Streckenlänge ich fahren würde wollte ich vom Wetter abhängig machen. Am Morgen des Samstag fiel dann die Entscheidung: 115 km sollten es werden, wie im Vorjahr. Außerdem glaubte ich für harte drei Stunden über 65 km nicht in der richtigen Form zu sein.
    Morgens kamen dann Adalbert Gerke, Michael Grobe und Michael Schäfer, mein Transalp - Partner von 2005 und 2006 zu mir nach Hause. Gemeinsam schnell die Flaschen gefüllt, die Startnummer befestigt und schon ging es los, die knapp drei Kilometer über den Wilzenberg zum Startort Grafschaft. Dabei sah ich immer mit Sorge auf mein S-Works, wurde es heute doch nicht von mir, sondern von Michael Grobe gefahren. Er selbst hatte seinen Cannondale-Rahmen beim Rennen in Wetter zersägt und wartet noch auf eine kulante Regelung des Konzerns aus den USA.

    In Grafschaft angekommen waren die Startblöcke noch leer, rundherum reges Einfahren auf den Strassen und Wegen. Aber kurz darauf standen wir schon im Block, nach der Begrüßung des ein - oder anderen Bekannten. Kurz darauf rollte auch Andreas Stracke heran, ebenfalls wie Michael Schäfer und ich im SKS - Trikot. Zu gern hätte ich ihn ja gefragt ob er im nächsten Jahr die TAC mit mir fahren möchte. Aber ich fand, das es nicht der passende Moment war, schließlich war mein diesjähriger Partner ja auch zugegen. Er will im nächsten Jahr pausieren, und einen so guten Partner wie Michael muß man erst einmal finden.

    einige der 700 Starter
    Start (Foto: DJK Grafschaft)

    Nur ein paar Minuten später rollten wir schon in Richtung Schmallenberg. Windschattenfahren hatte ich mir in diesem Jahr verboten, zu nah waren noch die Erinnerungen an den Massensturz im letzten Jahr, dem ich glücklicherweise knapp entgangen war. Hier und da ein kurzes Hallo mit Bekannten am Strassenrand, schließlich ist man hier Zuhause. Beim Bauernhof Ax herrschte wie immer dichtes Gedränge, einige fahren als wäre das Rennen oben schon zu Ende, ebenso bei der kurzen und feuchten Abfahrt zum Kleff in Schmallenberg.
    Am Autohaus Gödde dann persönliche Anfeuerung von der Familie Gödde, das tut immer gut. Am Anstieg zum Frauenhofer - Institut fahren dann zwei Frauen sehr langsam vor mir und schlenkern mit dem Lenker. Kurz darauf stoßen sie aneinander und stürzen. Hinter ihnen muß ich mit einigen anderen absteigen. Das Anfahren war hier nicht so leicht, die Steigung ist doch ziemlich heftig und der Untergrund grobschottrig.
    Dann beginnt das Rennen zu fließen, die Beine sind gut, hier kenne ich jeden Stein und jede Kurve. Auf dem Almerter Wäldchen dann wieder Lauffreund Werner der ununterbrochen die Fahrer anfeuert. Ich bedanke mich und er muntert mich noch zusätzlich auf. Wenn die Zuschauer wüßten das dies besser wirkt als ein Gel nach drei Stunden! Der Anstieg nach Schanze wird schnell genommen, nervig immer der steile Hügel vor der Schanzer Skihütte. Danach genieße ich das Hinabgleiten durchs Grubental nach Latrop, nicht ohne Angst vor einem Plattfuß, zu oft habe ich hier schon Fahrer mit dem Schlauch in der Hand stehen sehen. Aber meine Nokian UST geben mir seit den letzten Rennen viel Vertrauen. Sehr guter Grip, kaum Laufgeräusche auf hartem Boden und gute Seitenstabilität.

    Dann in Latrop die Ernüchterung - keine Verpflegung. Also die eigenen Reserven hervorgekramt, den Riegel mit den Zähnen aufgerissen und das Papier wieder in der Rückentasche verstaut. In solchen Momenten ärgere ich mich immer wieder über den vielen Unrat den die Biker wegwerfen. Diese Sportler sollen sich nicht wundern wenn es immer schwieriger wird Genehmigungen für die strecken zu bekommen. Auf halber Höhe vor Schanze sehe ich ein SKS Trikot vor mir und erkenne schnell, dass es Michael ist. Fahre ich zu schnell oder schont er sich? Schließlich ist er "nur" auf der 65er Runde unterwegs. Ich entschließe mich genau diesen Abstand zu halten um keine unnötigen Kräfte zu verschenken. Dann die High-Speed-Abfahrt nach Latrop, schnell ein Stück Kuchen und eine Banane mit Cola heruntergespült und runter gebraust bis Waidmannsruh. Nun kommt das berüchtigte Buttersiepen mit seiner nassen Holzbrücke. Ich warne die hinter mir fahrenden und bekomme ein "Danke" zurück. Gemeinsam kriechen wir nun das Siepen hinauf und sehen wie unter uns jemand über die Brücke schleudert. Hier wäre ein Schild mit Warnhinweis vielleicht angebracht.

    Oben angekommen gibt's die farbige Markierung auf der Nummer. Die Bitte, doch gleich zwei Punkte aufzusprühen, wird mit einem Lächeln beantwortet. Na ja, das war ja auch nicht ernst gemeint. Michael kämpfte sich flotter als ich den Berg hinauf, steile Stücke liegen diesem Bergfloh einfach. Dann das ständige Auf - und Ab bis wir endlich den Rothaarsteig erreichen. Wie oft bin ich in diesem Jahr hier über die Trail gesurft, ein Bikertraum. Nun aber steht Wasser in manchem Schlammloch, keine Ahnung wie tief es sein könnte. Nach dem Abstieg folgt das schnelle Stück nach Jagdhaus, vielen noch vom Rennen "Der Berg ruft" bekannt, welcher in diesem Jahr bekanntlich vom Veranstalter beerdigt wurde. Kurz die Verpflegung und dann kopfüber in die Abfahrt nach Waidmannsruh. Auch hier befällt mich wieder die Angst vor einem Plattfuß, vor zwei Jahren mußte ich hier das Rennen mit einem drei Zentimeter langen Riß in der Seitenwand des Hinterradreifens beenden. Aber jetzt geht alles gut, ich schwimme gut im Feld mit, die Beine sind warm und locker, ich freue mich auf den Anstieg zur Schmallenberger Höhe und hoffe noch den ein - oder anderen einholen zu können. So ist es dann auch, an mindestens 30 Fahrern rolle ich bergauf entspannt vorbei, den Puls konstant unter 140 Schläge teile ich mir das Rennen sehr gut ein. Dann die tolle Abfahrt nach Grafschaft, ich nehme mir vor nicht zu bremsen und knalle mit blockierter Gabel in einen Ableiter. Der Daumen signalisiert mal wieder : "Blödmann" und ich ärgere mich mal wieder vergessen zu haben nach einer Auffahrt die Blockierung der German A Kilo zu lösen.

    Dann noch die Wiesenpassagen hinunter in den Ort, angefeuert von meiner Frau und meiner Tochter Luisa, damit hatte ich nicht gerechnet. Im Zielbereich lasse ich dann keine Zweifel, zügig geht es in die zweite Runde, angefeuert noch von Michael und Andreas die sich bereits am Verpflegungstisch laben. Kurz darauf bin ich allein, ganz allein. Niemand vor mir oder hinter mir. Eine Startnummer hätte ich jetzt nicht mehr gebraucht, denn ich fahre so wie bei meinen täglichen Touren. Entspannt, vielleicht etwas zu gleichgültig steuere ich wieder das Bauerndorf Almert an. Ich muß mir neue Ziele setzen, wenn es schon niemanden gibt den ich noch einholen könnte. So nehme ich mir vor die sechs-Stunde-Marke zu unterbieten. Das wäre im Gegensatz zum Vorjahr immerhin eine Verbesserung um über 30 Minuten. Zunächst läuft alles auch tadellos, ich liege immer noch satt im 20er Schnitt. Doch dann wird es plötzlich tiefschwarz am Himmel. Kurz darauf prasseln die ersten Tropfen auf mich herab. Als ich mich nach 4 Stunden wieder im Buttersiepen befinde, kommt mir von oben ein rauschender Bach mit schmutzig-brauner Brühe entgegen geschossen. In den nächsten Minuten nehme Abschied von meinem Zeitziel, bin deswegen aber nicht betrübt, schließlich ist es ja nicht allzu kalt und den anderen geht es auch nicht besser. Den Rest der Runde bewältige ich ganz entspannt, die Beine werden durch den heftigen Regen wieder sauber und das Wasser rinnt mir durchs Gesicht.

    Dann plötzlich, beim Aufstieg zur Schmallenberger Höhe fängt meine Scheibenbremse am Hinterrad an zu schleifen. Es entwickelt sich zu einem echten Widerstand, die Beläge sind nah an die Scheibe herangerückt, zumindest im hinteren Bereich. Später bei der Radpflege entdecke ich, das die Spannfeder zwischen beiden Belägen gebrochen ist und herausgefallen war. Die abfahrt nach Grafschaft fahre ich mit heftigem Geräuschpegel und muß dabei noch einen Fahrer aus Werl, den ich zuvor überholt hatte, ziehen lassen. Dennoch freue ich mich im Ziel über eine 6:10 Std. und damit eine Verbesserung der Vorjahreszeit von 21 Minuten. Sicherlich wären die sechs Stunden möglich gewesen, aber wirklich wichtig war es mir nicht.
    Im Ziel wartet dann Michael Grobe auf mich, er wurde Dritter bei den Senioren 2 mit 5:33 Std., eine tolle Leistung. Leider ist ihm unterwegs die Satteltasche aufgegangen und er hat die Reifenheber und mein Crank-Tool verloren. Aber ein bißchen Verlust ist ja immer.
    Abends nach der Radpflege und einem alkoholfreien Weizen stellt sich schon die Vorfreude auf das nächste Wochenende ein, dem Birkebeinerrenen in Norwegen mit ca. 10.000 Teilnehmern. Danach muß ich dann mal meinem Daumen eine Auszeit gönnen, oder kommt da etwa noch der P-Weg, der Langenberg und Bredelar?

    Links:

    Zurück

    Anmerkungen an: Hermann Belke

    Besucher: counter